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Und noch einmal zum Urlaubsrecht

Dass das Urlaubsrecht auf Grund der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH in Bewegung ist haben wir bereits in einigen Beiträgen dargestellt. Das BAG hat sich nun in 3 weiteren Entscheidungen mit urlaubsrechtlichen Fragen beschäftigen müssen.

Im ersten Urteil ging es darum, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Aufhebungsvereinbarung getroffen hatten, die neben einer Ausgleichsklausel (Anm.: in Ausgleichsklauseln wird i.d.R. der Verfall aller gegenseitigen Ansprüche geregelt) auch die Freistellung des Arbeitnehmers beinhaltete. Der Arbeitnehmer musste sich aber nach den weiteren Bestimmungen der Aufhebungsvereinbarung weiterhin für Arbeitsleistungen bereitzuhalten.

Das BAG bestätigte hier einerseits noch einmal, dass nur eine unwiderrufliche Freistellung geeignet ist, etwaige (Rest-) Urlaubsansprüche zu erfüllen. Sofern der Arbeitnehmer sich aber trotz Freistellung bereitzuhalten habe, könne der Urlaubsanspruch nicht wirksam erfüllt werden. Weiterhin entschied das BAG, dass eine Verfallklausel im Aufhebungsvertrag nicht den Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub erfassen kann, sofern der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten hinsichtlich der Urlaubsgewährung nicht nachgekommen ist (d.h. Hinweis auf möglichen Verfall, konkrete Ermöglichung des Urlaubs etc.).

 

 Im zweiten Urteil (v. 19.3.2019, 9 AZR 495/17) ging es um die Kürzung des Urlaubs während der Elternzeit gemäß § 17 (1) BEEG. Eine (wirksame) Kürzung des Urlaubs während der Elternzeit ist auch mit Unionsrecht vereinbar, so dass diese Möglichkeit auch weiterhin genutzt werden kann.

Im dritten Urteil (19.03.2019, 9 AZR 881/16) ging es um eine mögliche Verjährung des Urlaubsanspruches. Im hier entschiedenen Fall wiesen die Gehaltsabrechnungen des Mitarbeiters den über Jahre aufsummierten Urlaubsanspruch aus. Das BAG entschied hier, dass die Gehaltsabrechnung lediglich eine "Wissenserklärung", aber keine "Willenserklärung" sei. Der Mitteilung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen kommt daher regelmäßig nicht der Bedeutungsgehalt zu, dass der Arbeitgeber den ausgewiesenen Urlaub auch dann gewähren wolle, wenn er ihn nicht schuldet (in diesem Fall wg. möglicher Verjährunge). Darüber, ob Urlaubsansprüche der Verjährung unterliegen, entschied das BAG in diesem Fall allerdings nicht. Aus den Gehaltsmitteilungen schloss das BAG nämlich, dass diese Mitteilungen die Verjährungsfrist jedes Mal wieder neu in Gang gesetzt haben ("Die Beklagte hat die Urlaubsansprüche, deren Abgeltung der Kläger begehrt, jedoch vor Ablauf der Verjährungsfrist - nicht im rechtsgeschäftlichen, wohl aber im verjährungsrechtlichen Sinne nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB - anerkannt. Dadurch begann die Verjährungsfrist mit jeder dem Kläger erteilten Entgeltabrechnung neu zu laufen.").

Hinsichtlich der Frage, ob Urlaubsansprüche der Verjährung unterliegen, wird man daher auf eine weitere Entscheidung warten müssen.

12.08.2019 MdC

 

 

Neue EU-Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen

Weitgehend unbeachtet erfolgte 2017 die Proklamation der ESSR, der europäischen Säule sozialer Rechte. Als eine der ersten Richtlinie infolge der ESSR (deren Volltext hier zu finden ist) trat nun die neue EU-Richtlinie auf deren Grundlage in Kraft. Mit der Richtlinie 2019/1152 sollen EU-weit transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen sichergestellt werden.

Auswirkungen wird dies zunächst (nur) für den Gesetzgeber haben, der diese Richtlinie nun in nationales Recht umsetzen muss. Auswirkungen wird das aber in einigen Bereichen des deutschen Arbeitsrechts, insbesondere muss das Nachweisgesetz angepasst werden.

Über die einzelnen gesetzlichen Änderungen, die der Gesetzgeber nun schaffen muss, werden wir berichten wenn es soweit ist.

Ein Blick in die Richtlinie - und auch die ESSR - lohnt aber allemal, da die EU sich hier vor allem auch noch einmal aus der Perspektive der sozialen Sicherheit präsentiert.

MdC 2.08.2019

Bundesrat hat Fachkräfteeinwanderungsgesetz gebilligt

Der Bundesrat hat am 28.06.2019 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz gebilligt, das sich an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten richtet, die in Deutschland arbeiten möchten. Damit entfällt die bisherige Beschränkung auf sog. Engpassberufe, die besonders vom Fachkräftemangel betroffen sind.

Ob dies für die Behebung des Fachkräftemangels in der Jugendhilfe Bedeutung erlangt darf allerdings bezweifelt werden, da für die Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe entsprechende Sprachkenntnisse erforderlich sind. Insgesamt ist es aber gesamtwirtschaftlich ein wichtiger Schritt.

EuGH zu Bezugszeiträumen bei der Ermittlung der zulässigen durchschnittlichen Arbeitszeit

Mit Urteil vom 11.04.2019 hat sich der EuGH mit der Ermittlung von Bezugszeiträumen befasst. Dieses Urteil wird weitreichende Folgen haben, auch für das deutsche Arbeitszeitrecht.

Der EuGH entschied, dass

Art. 6 Buchst. b, Art. 16 Buchst. b und Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die für die Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit Bezugszeiträume mit Beginn und Ende an festen Kalendertagen vorsieht, nicht entgegenstehen, sofern diese Regelung Mechanismen enthält, die gewährleisten können, dass die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden während jedes auf zwei aufeinanderfolgende feste Bezugszeiträume verteilten Sechsmonatszeitraums eingehalten wird.

Diese etwas sperrige Formulierung bedeutet nichts anderes, als das eine durchschnittlich vereinbarte Arbeitszeit nur dann den Anforderungen der europäischen Arbeitszeitrichtlinie entspricht, wenn der Durchschnitt IMMER im vereinbarten Bezugszeitrum eingehalten wird.

Legt man bei 2 aufeinanderfolgenden Bezugszeiträumen eine höhere Arbeitszeit an das Ende des ersten Bezugszeitraumes und an den Beginn des zweiten Bezugszeitraumes, dann kommt es zu einer erheblichen Verlängerung der Arbeitszeit in einem zusammenhängenden Zeitraum, nämlich genau in der Mitte der beiden Bezugszeiträume.

Dies ist nach Auffassung des EuGH unzulässig - und hat gravierende Auswirkungen auf das deutsche Arbeitszeitgesetz, aber auch tarifvertragliche Regelungen. Anschaulich und sehr gut wird dies von Prof. Dr. Buschmann dargestellt, daher wird hier auf den entsprechenden Artikel im Newsletter des HSI verwiesen (dort unter III.).

 

LAG Nürnberg gegen BAG - Mehrarbeit bei Teilzeit

Das LAG Nürnberg hat sich in einer Entscheidung vom 30.04.2019 (Az 7 Sa 346/18) gegen das BAG positioniert. Das LAG entschied, dass Teilzeitbeschäftigte  Überstundenzuschläge nach § 8 Abs. 1 a TVöD-K nur dann erhalten, wenn sie gemäß § 7 Abs. 7 TVöD-K die Arbeitszeit für einen Vollbeschäftigten überschreiten. Eine Auslegung, wonach Teilzeitbeschäftigte Überstundenzuschläge für Mehrarbeit im Sinne des § 7 Abs. 6 TVöD-K erhalten, ist mit dem Wortlaut, der Regelungssystematik und dem darin zum Ausdruck gekommenen Willen der Tarifvertragsparteien nicht vereinbar.

Zudem wies das LAG darauf hin, dass Überstundenzuschläge im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 a TVöD-K den Zweck verfolgen, eine grundsätzlich zu vermeidende besondere Arbeitsbelastung durch ein zusätzliches Entgelt auszugleichen und nicht, durch Verteuerung der über die individuell geschuldete Arbeitsleistung hinausgehenden Arbeitszeiten den individuellen Freizeitbereich zu schützen. Dieser Zweck rechtfertigt eine etwaige Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten, so dass kein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG vorliegt.

Das LAG entschied daher anders als bereits zuvor das BAG in seinem Urteil vom 23.03.2017, Az.: 6 AZR 161/16.

Es bleibt abzuwarten, wie dieser Streit ausgehen wird, da gegen die Entscheidung des LAG bereits am 4.07.2019 Revision beim BAG  eingelegt wurde (6 AZR 254/19).

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der K
inder- und Jugendhilfe e.V.

Nikolaiwall 3

27283 Verden

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Mail: info@ag-vpk.de

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