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Rückzahlung von Fortbildungskosten

Wie wichtig die rechtssichere Gestaltung von Rückzahlungsklauseln bei Fortbildungen ist, das zeigt eine aktuelle Entscheidung des LAG Köln (Urt. v. 28.05.2021, Az 10 Sa 460/20).

Wichtig ist immer ein angemessenes Verhältnis zwischen Vorteilen und Bindungsdauer. Allen Arbeitgebern wird daher geraten, sich bei der Formulierung solcher Klauseln an der aktuellen Rechtsprechung zu orientieren. Im Zweifel sollte man hier entsprechenden Rechtsrat einholen.

MdC

Änderungen des Arbeitszeitgesetzes zu erwarten

SPD, Grüne und FDP haben heute ein (erstes) Ergebnispapier ihrer Sondierungen vorgelegt. Arbeitsrechtlich wird es vor allem beim Arbeitszeitgesetz interessant:

Um auf die Veränderungen in der Arbeitswelt zu reagieren und die Wünsche von Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmern und Unternehmen nach einer flexibleren Arbeitszeitgestaltung aufzugreifen, wollen wir Gewerkschaften und Arbeitgeber dabei unterstützen, flexible Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen. Im Rahmen einer befristeten  Regelung mit Evaluationsklausel werden wir es ermöglichen, dass im Rahmen von Tarifverträgen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen und
in einzuhaltenden Fristen ihre Arbeitszeit flexibler gestalten können. Außerdem wollen wir eine begrenzte Möglichkeit zur Abweichung von den derzeit bestehenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes hinsichtlich der Tageshöchstarbeitszeit schaffen, wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen dies vorsehen (Experimentierräume).

Deutlich wird daraus, dass auch zukünftig Abweichungen nur mittels Tarifverträgen möglich sein werden. Inwieweit die geplanten Änderungen (vorausgesetzt zunächst einmal, dass es überhaupt zur Koalition kommt, was aber zu vermuten ist) über die auch bislang schon möglichen Abweichungen hinausgehen ist noch nicht bekannt. 

MdC 15.10.2021

Es gilt das Gelebte! -Wann ein Azubi mehr als seine Ausbildungsvergütung verlangen kann-

 

Es gilt das gelebte Arbeitsverhältnis. Diesen sehr praxisrelevanten arbeitsrechtlichen Grundsatz bestätigte das Arbeitsgericht Bonn in seiner Entscheidung vom 08.07.2021 (AZ: 1 Ca 308/21).

Was war geschehen?

Der Sachverhalt spielt sich im Gebäudereinigerhandwerk ab. Der Kläger (Arbeitnehmer) schloss mit der Beklagten (Arbeitgeberin) einen Ausbildungsvertrag. Vereinbart wurde eine monatliche Ausbildungsvergütung i.H.v. 775,- EUR brutto. Tatsächlich jedoch meldete die Arbeitgeberin  den Kläger weder in der Berufschule an, noch stellte sie ihm einen Ausbildungsplan zur Verfügung. Statt dessen konnte der Kläger nachweisen, dass er wie ein ungelernter gewerblicher Arbeitnehmer eingesetzt wurde. Der Ausbildung entsprechende Tätigkeiten wurden dem Kläger auch nicht vermittelt. Der Kläger klagte auf Zahlung des Tarifstundenlohnes eines ungelernten gewerblichen Arbeitnehmers und bekam erstinstanzlich Recht. 

Es gilt das, was gelebt wird!

Das Arbeitsgericht Bonn gab dem Kläger Recht. Das Gericht führte aus, dass dem Kläger der Tariflohn eines ungelernten Arbeitnehmers zustehe, weil die ausgeübten Tätigkeiten des Klägers nach  Art und Umfang die Tätigkeiten eines ungelernten Arbeitnehmers seien. Daraus schlußfolgernd, stellte das Arbeitsgericht klar, dass ein Auszubildender auf der Grundlage seines Ausbildungsvertrages grundsätzlich nicht zur Leistung von Tätigkeiten eines ungelernten gewerblichen Arbeitnehmers verpflichtet ist. Damit seien die vom Auszubildenden erbrachten Leistungen nicht durch die Zahlung seiner Ausbildungsvergütung abgegolten. Vielmehr seien diese in entsprechender Anwendung von § 612 BGB in Höhe der üblichen Vergütung eines vergleichbar ungelernten gewerblichen Arbeitnehmers zu vergüten.

 

Praxishinweis

Das Urteil bestätigt, dass das gelebte Arbeitsverhältnis ausschlaggebend ist. Auf Arbeitgeberseite ist es daher ratsam, sich stets an die schriftlich vereinbarten arbetsvertraglichen Bedingungen zu halten und zu überprüfen. 

 

05.10.2021 OK

Bereithaltungszeit während einer Pause

Pausenzeiten unter Bereithaltungspflicht stellen Arbeitszeit i.S.d. europäischen Arbeitszeitrichtlinie dar, so der Leitsatz einer aktuellen Entscheidung des OVG Berlin Brandenburg. In seiner Entscheidung vom 27.05.2021 (Az OVG 10 B 17.18)OVG 10 B 17.18) stellte das OVG vor allem auf ein bis zu diesem Zeitpunkt nach anhängiges Verfahren am EuGH (C‑107/19 v. 9.09.2021)  ab, welches zwischenzeitlich ebenfalls entschieden wurde.

Da Fragen zu Pausenzeiten in der Kinder- und Jugendhilfe häufiger auftauchen, werden wir beide Urteile im kommenden Blickpunkt Jugendhilfe kommentieren.

 

Mindestlohn in der 24h-Pflege

Am 25.06.2021 hatten wir über das Urteil des BAG zum Mindestlohn in der Pflegebranche berichtet. Heute wurde dazu der Volltext veröffentlicht.

Die Klägerin hatte mit einem bulgarischen Unternehmen einen Arbeitsvertrag geschlossen, der eine 6-stündige Arbeitszeit pro Tag bzw. 30 Wochenstunden vorsah. Unterzeichnet hatte die Klägerin auch eine Vereinbarung über eine "Netto-Endvergütung" in Höhe von 950 € / Monat. Eingesetzt wurde die Klägerin als Betreuungskraft für eine 90-jährige, in deren Haushalt sie aufgenommen wurde bei freier Verpflegung und Unterkunft. Die vermittelnde Agentur beschrieb die Leistung in einem entsprechenden Dienstleistungsvertrag mit "24 Stunden Betreuung / Pflege".

Die Klägerin verlangte nun die Differenzvergütung nach dem Mindestlohngesetz. Neben den Ausführungen des BAG zur (internationalen) Zuständigkeit und dem Anwendungsbereich des AEntG sind insbesondere die Wertungen des BAG zur Arbeitszeit und Vergütung hervorzuheben.

Zum Mindestlohn führte das BAG aus: "Mit dem Mindestlohn zu vergütende Arbeit ist nicht nur die Vollarbeit, sondern auch die Bereitschaft (...). Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst sind nicht nur arbeitsschutzrechtlich Arbeitszeit (...), sondern nach inländischem Recht vergütungspflichtige Arbeit (...). Denn zu dieser zählt auch die vom Arbeitgeber veranlasste Untätigkeit, während derer der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz oder einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle anwesend sein muss und nicht frei über die Nutzung des Zeitraums bestimmen kann, er also weder eine Pause (§ 4 ArbZG) noch Freizeit hat (...)."

Dem Gesetzgeber bescheinigte das BAG politisches Unvermögen:

"Es ist jedoch allein Sache des Gesetzgebers und nicht der Gerichte (...), zu entscheiden, ob Zeiten des Bereitschaftsdienstes generell oder jedenfalls im Bereich der häuslichen Pflege aus der Mindestlohnpflicht gänzlich herausgenommen oder mit einem geringeren als dem Mindestlohn für Vollarbeit vergütet werden sollen (...). Die im Schrifttum angeführten rechtspolitischen Probleme (...) beschreiben allein das politische Unvermögen in diesem Bereich, in dem seit langem Reformbedarf angemahnt wird (...). Auf der Grundlage des geltenden Mindestlohngesetzes ist der Rechtsprechung jedenfalls eine Rechtsfortbildung im Sinne einer Einschränkung des Anspruchs aufden gesetzlichen Mindestlohn für geleistete Bereitschaftsdienste nicht möglich.

 Für welchen Stundenumfang nun der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen sei, dafür gab das BAG dem LAG, an welches die Sache zur Entscheidung zurückverwiesen wurde, einige Merkposten mit auf den Weg. Da eine detaillierte Auflistung der geleisteten Stunden vermutlich nicht möglich sei, legte das BAG dem LAG eine Schätzung nahe. Eine solche Schätzung müsse aber alle wesentlichen Bemessungsfaktoren berücksichtigen und dürfe nicht, so wie es das LAG nach Auffassung des BAG in der Vorinstanz getan hat, "völlig in der Luft hängen".

Für den Bereich familienanaloger Wohnformen wird man sicherlich die Idee einer solchen Schätzung ebenfalls in Erwägung ziehen können, da -zumindest nach Auffassung des Verfassers- Arbeitszeit und Freizeit  nicht sinnvoll voneinander abgegrenzt werden können. Daneben sprechen auch weitere wichtige Argumente gegen eine direkte Vergleichbarkeit, die wir hier aus prozesstaktischen Gründen in einem anhängigen Verfahren  (noch) nicht veröffentlichen können.

Aus unserer Sicht, so viel sei allerdings schon angemerkt, spielen unabhängig von der (Nicht-) Anwendbarkeit der arbeitszeitrechtlichen Regelungen Aspekte des Gesundheitsschutzes eine bedeutsame Rolle, die zukünftig mehr Einfluss auf die Personalbemessung haben müssen.

24.09.2021 MdC

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Arbeitgeberverband privater Träger
der K
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Nikolaiwall 3

27283 Verden

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Mail: info@ag-vpk.de

Internet: www.ag-vpk.de

 

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