Das musste eine Arbeitegber feststellen, der einen Mitarbeiter außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich auf Grund eines (geringfügigen) Lebensmitteldiebstahls gekündigt hatte.
Die außerordentliche Kündigung sei nicht wirksam, da es einer vorhergehenden Abmahnung bedurft hätte, so das hessische LAG in seiner Entscheidung vom 04.11.2022 (Az 10 Sa 778/22).
Die Begründung liefert das Gericht bereits im Leitsatz der Entscheidung:
1. Eine Abmahnung ist bei einer verhaltensbedingten außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB nicht entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer bei einer unklaren Weisungslage annehmen durfte, es sei gestattet, bei einer Firmenfeier übrig gebliebene Lebensmittel mit nach Hause zu nehmen.
2. Die bei der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände lassen sich nicht abschließend für alle Fälle festlegen. Es ist im Grundsatz anerkannt, dass nicht nur vertragsbezogene Umstände eine Rolle spielen können, sondern auch solche, die in der Person des Arbeitnehmers liegen. Dazu kann auch gehören, dass der Arbeitnehmer derzeit ein Adoptionsverfahren betreibt, bei dem im Interesse des Kindeswohls auch die sozialen Verhältnisse der Adoptiveltern eine Rolle spielen.
Da es sich im hier entschiedenen Fall um einen Kleinbetrieb gehandelt hat, ging die ordentliche Kündigung allerdings problemlos durch und das Arbeitsverhältnis endete mit Ablauf der Kündigungsfrist.