Rechtsprechung

Keine Steuerfreiheit für ISE

Das FG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 26.3.2019, 11 K 3207/17, die Einkünfte einer auf Honorarbasis für ein Jugendwerk tätigen staatlich anerkannten Jugend- und Heimerzieherin nicht als steuerfrei angesehen:

"Bei den Vergütungen des Jugendwerks X handelte es sich nicht lediglich um als Beihilfen zur Erziehung von Jugendlichen bewilligte Bezüge aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG, sondern um Vergütungen für eine unternehmerisch betriebene sozialpädagogische Einzelbetreuung, Verpflegung und Unterbringung einer intensiven Betreuung bedürftiger Jugendlicher. Diese Vergütungen werden durch die genannte Vorschrift nicht steuerbefreit."

Zur Begründung wurde u.a. auf die hohe Vergütung abgestellt:

"Auch die von ihr erbrachten Leistungen sowie die Art und Höhe der Vergütung sprechen für einen Grad an institutionalisierter Professionalität, der über eine Aufnahme familienfremder Jugendlicher in den eigenen Haushalt  – einschließlich der Übernahme der damit typischerweise verbundenen Betreuungs- und Erziehungsaufgaben –  weit hinausgeht."

Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Gericht auch auf die berufliche Qualifikation zurückgegriffen hat:

"Die Klägerin hat von 2007 bis 2010 eine Ausbildung zur staatlich geprüften Heim- und Jugenderzieherin absolviert, um nicht nur im Rahmen einer klassischen Pflegefamilie Kinder und Jugendliche betreuen zu können, sondern sich gezielt für ihre vorliegend ausgeübte Tätigkeit als Erzieherin besonders intensiver Betreuung bedürftiger Jugendlicher zu qualifizieren."

Nun handelt es sich hier noch um eine erstinstanzliche Entscheidung, deren Fortgang aber mit großem Interesse verfolgt werden darf. Die Revision ist bereits eingelegt unter dem AZ VIII R 13/19.

 

24.11.2019 MdC

Überstunden erlöschen nicht zwingend während der Freistellung

Nachdem nun einige Wochen keine wirklich interessanten Entscheidungen zu vermelden waren, hat das BAG gestern eine überraschende Entscheidung in einem Kündigungsrechtsstreit getroffen. Hier ging es um die Freistellung der Arbeitnehmerin in der Kündigungsfrist.

Ist eine Kündigung ausgesprochen, ist die Zusammenarbeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist meist für beide Seiten problembelastet. Hier kann eine (unwiderrufliche!)  Freistellung von der Arbeitspflicht eine ganz gute Lösung sein. Über die Voraussetzungen dazu soll hier nicht weiter ausgeführt werden.

Anerkannt ist, dass bei einer unwiderruflichen Freistellung etwaige noch bestehende Resturlaubsansprüche des Arbeitnehmers erledigt werden können (so z.B. BAG 20.08.2019, 9 AZR 468/18). Aber wie verhält es sich mit Überstunden? Im nun entschiedenen Fall hatte die Arbeitnehmerin knapp 68 "Plusstunden". In der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber wurde jedoch (nur) eine unwiderrufliche Freistellung vereinbart, mit der die "Urlaubsansprüche in Natur" gewährt wurden. Von Überstunden war in diesem Fall nicht die Rede.

Der Arbeitnehmerin wurden in diesem Fall daher vom BAG auch die Überstunden, bzw. die entsprechende Vergütung, neben der Freistellung zugebilligt.

Das Urteil (BAG v. 20.11.2019, AZ 5 AZR 578/18) ist noch nicht veröffentlicht, wird aber in Kürze hier zu finden sein.

 

MdC 21.11.2019

Tarifbindung und Entgelt, Personaleinsatz

In einem aktuellen Urteil aus dem SGB XI-Bereich wurde die Bedeutung der Tarifbindung hinsichtlich der Entgeltrelevanz noch einmal herausgestellt. Zudem gin es um einen Personalschlüssel, der die obere Grenze des dort geschlossenen Rahmenvertrages erreicht hat. Das LSG Mecklenburg-V. hat hier bereits im Leitsatz die entscheidenden Punkte treffsicher formuliert:

"Im Falle einer Schwerstpflegeeinrichtung für Mehrfachbehinderte ist alles andere als eine weitgehende Ausschöpfung der nach Landesrahmenvertrag möglichen Personalausstattung weder zu erwarten noch im Sinne der Heimbewohner zu wünschen.
Auf der ersten Prüfungsstufe als plausibel anerkannte Personalkosten können regelmäßig nicht als unwirtschaftlich betrachtet werden, wenn ihre Höhe auf der Einhaltung einer Tarifbindung bzw. der Zahlung ortsüblicher Gehälter beruht. Das gilt auch dann, wenn die Einrichtung, die ein Erhöhungsverlangen geltend macht, bereits zur Spitzengruppe der Vergleichseinrichtungen gehört."

Urteil LSG M.-V. v. 27.08.2019, Az L 6 P 20/12 KL (download)

 

MdC 30.10.2019

Besitz von Kinderpornographie mit dem Beruf des Lehrers unvereinbar

Der Besitz von Kinderpornographie durch Lehrer führt in Disziplinarverfahren in aller Regel zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht am letzten Donnerstag in zwei Revisionsverfahren entschieden und dabei seine Rechtsprechung zu Fällen dieser Art fortentwickelt.

Die Entscheidung des BVerwG ist sehr zu begrüßen, da die Rechtsprechung dazu in vielen Fällen nicht ganz so deutlich wurde.

Der Volltext liegt noch nicht vor, aber es gibt schon eine Pressemitteilung.

MdC 26.10.2019

Rückabwicklung Arbeitnehmerstatus

Ein Schreckensszenario für viele Arbeitgeber ist, wenn sich die Anstellung eines freien Mitarbeiters im Nachhinein als sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis herausstellt. Insbesondere die rückwirkende Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge hat erhebliche finanzielle Auswirkungen.

Nach der Rechtsprechung des BAG kann der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen jedoch die Rückzahlung überzahlter Honorare verlangen, wenn der Arbeitnehmerstatus eines vermeintlich freien Mitarbeiters rückwirkend festgestellt wird. Mit einer solchen Feststellung steht zugleich fest, dass der Dienstverpflichtete als Arbeitnehmer zu vergüten war und ein Rechtsgrund für die Honorarzahlungen nicht bestand, soweit die im Arbeitsverhältnis geschuldete Vergütung niedriger ist als das für das freie Dienstverhältnis vereinbarte Honorar. War anstelle eines Honorars für die Tätigkeit im Arbeitsverhältnis eine niedrigere Vergütung zu zahlen, umfasst der Bereicherungsanspruch des Arbeitgebers nicht sämtliche Honorarzahlungen, sondern nur die Differenz zwischen den beiden Vergütungen.

Es gilt in diesem Fall allerdings einige Hürden zu überwinden, da unter anderem allein der Umstand der Feststellung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht zwangsläufig bedeutet, dass ein Arbeitsverhältnis bestand. Insofern sollte hier auf jeden Fall ein erfahrener Arbeitsrechtler konsultiert werden.

 24.10.2019

MdC

Zugang einer Kündigungserklärung

Wenn man kündigt, dann muss der Zugang der Kündigungserklärung nachgewiesen werden können. Eine weitgehend sichere Variante ist dazu der Einwurf der Kündigungserklärung in den Hausbriefkasten. Dass selbst das manchmal tückisch werden kann, geht aus einem aktuellen Urteil des BAG hervor. Der Arbeitgeber warf die Kündigung im hier entschiedenen Fall um 13:25 Uhr in den Briefkasten des Arbeitnehmers ein. Das BAG stellte dazu fest, dass damit noch nicht zwingend auch der Zugang am selben Tag erfolgt sei und verwies an die Vorinstanz zurück:

"Das Landesarbeitsgericht wird Tatsachenfeststellungen zu einer (ggf. gewandelten) Verkehrsanschauung betreffend den Zeitpunkt der Leerung von Hausbriefkästen in dem von ihm als maßgeblich angesehenen räumlichen Gebiet zu treffen haben, wonach eine solche noch bis (hier:) 13:25 Uhr zu erwarten ist. Hierzu bedarf es allerdings eines substanziierten Tatsachenvortrags der Arbeitgeberin, die für den ihr günstigen Umstand eines Zugangs des Kündigungsschreibens noch am 27.01.2017 die Darlegungs- und Beweislast trägt".
 
Was man daraus lernen kann ist wie so oft: Warte nicht bis zum letzten Drücker.
 
24.10.2019
MdC

Kürzung des vertraglichen Urlaubs bei Ausscheiden im 2. Halbjahr

Eine gesetzliche Regelung die viele nicht kennen ist § 5 (1) c BUrlG: Sofern ein Arbeitnehmer nach Erfüllung der Wartezeit (Anm.: § 4 BUrlG) in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres ausscheidet, hat er nur noch Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Im Umkehrschluss bedeutet diese Regelung aber, dass ein Arbeitnehmer den vollen Urlaubsanspruch hat, wenn er erst in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres ausscheidet.

Für den gesetzlichen Mindesturlaub können hier auch keine abweichenden Regelungen getroffen werden. Was jedoch geht, ist eine Regelung über den Urlaubsanspruch, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgeht. Hier kann durchaus vereinbart werden, dass dieser Mehrurlaub bspw. anteilig für jeden vollen Beschäftigungsmonat gewährt wird. Trifft man eine solche Regelung nicht, dann gilt für den Mehrurlaub das, was auch für den gesetzlichen Mindesturlaub gilt. Zum Weiterlesen kann man sich die aktuelle Entscheidung des BAG herunterladen.

24.10.2019

MdC

 

Anm.: Der Tarifvertrag des AG-VPK enthält dafür gesonderte Regelungen

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