Rechtsprechung

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

Wir hatten erst kürzlich über das neue Urteil des EuGH hinsichtlich der Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung berichtet.

Die Konsequenzen daraus sind noch nicht ganz klar. Während einige Kommentatoren davon ausgehen, dass das Urteil keine Auswirkungen auf private Arbeitgeber hat (z.B. bei Hensche), sehen andere Kommentatoren (z.B. bei juris)  das Urteil kritischer und gehen davon aus, dass Arbeitgeber bereits JETZT verpflichtet sind, entsprechende Aufzeichnungen zu führen.

Hintergrund ist, dass europäische Richtlinien (so wie in diesem Fall die europäische Arbeitszeitrichtlinie) zwar vom nationalen Gesetzgeber umgesetzt werden müssen, aber bis zu diesem Zeitpunkt nicht für private Arbeitgeber gelten. Hier liegt der Fall aber auch unseres Erachtens anders, da die Begrenzung der Arbeitszeit ein europäisches Grundrecht ist, welches in Art. 31 GrCh (Grundrechtecharta) verankert ist.

Wir schließen uns daher der Auffassung von juris an, derzufolge Art. 31 Abs. 2 GRCh individuelle Rechte begründet, die nach Art. 47 Abs. 1 GRCh i.V.m. Art. 51 Abs. 1 GRCh aufgrund der sekundärrechtlichen Präzisierung vor jedem nationalen Gericht geltend gemacht werden können. Beschäftigte können daher vom Arbeitgeber verlangen, dass er nach § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen ein die Mindestanforderungen erfüllendes System festlegt.

 

EuGH zur Erfassung von Arbeitszeiten

Der EuGH hat heute ein wichtiges Urteil zur Erfassung der Arbeitszeit von Arbeitnehmern gefällt. Demnach ist eine nationale Regelung, die nach ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte die Arbeitgeber nicht verpflichtet, ein System einzurichten, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann, unvereinbar mit der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie und der Richtlinie über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer.

Die vorläufige Fassung des Urteils wurde bereits heute veröffentlicht und kann als pdf hier heruntergeladen werden.

Mit den möglichen Auswirkungen werden wir uns in den kommenden Tagen beschäftigen und dann weiter berichten.

 

Anm. v. 21.05.2019: Auf Grund der zahlreichen Kommentierung in Rundfunk und Fernsehen sowie der einschlägigen Rechtsdatenbanken verzichten wir hier vorerst auf eine weitere Auseinandersetzung mit dem Urteil. Eine gute Übersicht findet sich hier.

 

Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zum ArbZG

Das Bundesverwaltungsgericht hat gestern eine Entscheidung zu § 18 Abs. 1 Nr. 3 ArbZG getroffen (Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz für häusliche Gemeinschaften).

Diese Ausnahmevorschrift setzt nach dem BVerwG unter anderem voraus, dass die betroffenen Arbeitnehmer in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben. Dazu ist ein gemeinsames Wohnen und Wirtschaften auf längere Zeit erforderlich, das auf personelle Kontinuität sowie nahezu permanente Verfügbarkeit des Arbeitnehmers angelegt und davon geprägt ist, dass sich Arbeits- und Ruhezeiten nicht voneinander trennen lassen. Dieses Verständnis des § 18 Abs. 1 Nr. 3 ArbZG steht im Einklang mit dem Unionsrecht, namentlich der Richtlinie 2003/88/EG. Gemessen daran stellt das von der Klägerin praktizierte Modell kein Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft dar.

Der Kläger betreibt sog. "WaB-Gruppen", in denen sich mehrere Erzieher im Rahmen einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung abgewechselt haben und jeweils wochenweise in der Gruppe "gelebt" haben.

Der Volltext des Urteils liegt noch nicht vor, aber schon eine Pressemitteilung.

Hier noch einmal zum Nachlesen die Entscheidungen der Vorinstanzen:

OVG Berlin-Brandenburg, 1 B 19.15 - Urteil vom 29. November 2017 -

VG Berlin, 14 K 184.14 - Urteil vom 24. März 2015 -

 

Anmerkung vom 17.08.2019:

Jetzt liegt auch der Volltext des BVerwG vor.

MdC

 

Gestaltungsmöglichkeiten in Tarifverträgen

In Tarifverträgen können viele Regelungen getroffen werden, die von gesetzlichen Regelungen abweichen. In zwei aktuellen Verfahren hat sich das BAG damit beschäftigen müssen.

Im ersten Verfahren ging es um die Berechnung des Urlaubsentgeltes. Zwar können Tarifvertragsparteien vom BUrlG abweichende Regelungen treffen, doch dies gilt nicht, wenn durch solche Regelungen die zu erbringenden Wochenarbeitsstunden unberücksichtigt blieben, die  über die vereinbarte Wochenarbeitszeit hinausgehen. Die Tarifvertragsparteien können jedoch jede Berechnungsmethode wählen, die geeignet ist, ein Urlaubsentgelt sicherzustellen, wie es der Arbeitnehmer bei Weiterarbeit ohne Freistellung voraussichtlich hätte erwarten können.

Im zweiten Verfahren ging es um eine tarifvertragliche Bestimmung, nach der ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge erst besteht, wenn die für eine Vollzeittätigkeit maßgebliche Stundenzahl überschritten wird. Eine solche Regelung verstößt gegen § 4 Abs. 1 TzBfG.

 

Rechtsprechung zur sachgrundlosen Befristung

Das LArbG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass dann, wenn ein mit einem anderen Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich verbundener Arbeitgeber mit einem zuvor bei dem anderen Arbeitgeber befristet beschäftigten Arbeitnehmer einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag abschließt, es sich um eine rechtsmissbräuchliche Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen zur sachgrundlosen Befristung handeln kann.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts des Bundesarbeitsgerichts kann die Drittmittelfinanzierung als sonstiger Sachgrund die Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG rechtfertigen.

Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Das BAG konkretisierte die Regelung hier in einem Verfahren, in dem es um die Beschäftigung eines Entwicklungshelfers ging.

Ablehnung von Elternteilzeit

Klagt eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer auf Zustimmung zu einer zuvor erfolglos beantragten Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit, kann der Arbeitgeber im Prozess nur solche der Elternteilzeit im Sinne von § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG entgegenstehenden Gründe einwenden, auf die er sich bereits in einem form- und fristgerechten Ablehnungsschreiben berufen hat (BAG v. 11.12.2018).

Arbeitgeber sollten daher bei der Begründung der Ablehnung sorgsam vorgehen.

Eingruppierung von Dipl.-Sozialpädagogen

Mit Beschluss vom 14.01.2019 (AZ 8 TaBV 64/18) hat sich das LAG Niedersachsen mit der Eingruppierung (gemäß TVöD-SUE) von Dipl.-Sozialpädagogen im Gruppendienst beschäftigt. 

Das Landesarbeitgericht sah hier die Merkmale einer schwierigen Tätigkeit als erfüllt an. Gemäß der Protokollnotiz Nr. 11 zum SUE gehört zu den schwierigen Tätigkeiten u.a. die begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner. Sowohl das Merkmal der begleitenden Fürsorge als auch die Tätigkeit in einem "Heim" liegen bei Dipl.-Sozialpädagogen im Gruppendienst einer stationären Jugendhilfeeinrichtung vor.

Dadurch werden die tariflichen Merkmale für eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe S 12 erfüllt.

Die Entscheidung wurde noch nicht veröffentlicht, kann aber von unseren Mitgliedern in anonymisierter Form angefordert werden.

Die Entscheidung ist zu begrüßen und entspricht auch der von uns bislang vertretenen Argumentation.

MdC 11.04.2019

Kontakt

Arbeitgeberverband privater Träger
der K
inder- und Jugendhilfe e.V.

Nikolaiwall 3

27283 Verden

Tel 04231 - 95 18 412

Mail: info@ag-vpk.de

Internet: www.ag-vpk.de

 

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