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AGG: Ein Mann als Fachlehrerin Sport (w)?

Das BAG hat mit Urteil vom 19.12.2019, 8 AZR 2/19 entschieden, dass auch ein Mann für eine als "Fachlehrerin Sport (w)" ausgeschriebene Stelle in Frage kommt. Im hier entschiedenen Fall wurde der (männliche) Bewerber abgelehnt, der sich um eine Sportlehrertätigkeit für eine Mädchenklasse einer Privatschule beworben hatte.

Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts hat der Beklagte nicht den Vorgaben des AGG und des Unionsrechts entsprechend dargetan, dass für die streitgegenständliche Stelle ein geschlechtsbezogenes Merkmal eine wesentliche und entscheidende sowie angemessene berufliche Anforderung iSv. § 8 Abs. 1 AGG ist. Der abgelehnt Bewerber wird daher eine entsprechende Entschädigung nach dem AGG erhalten.

22.05.2020 MdC

Kündigungsschutz von Schwangeren gilt schon vor Aufnahme der Tätigkeit

Das BAG hat mit Urteil vom 27.02.2020 (2 AZR 498/192 AZR 498/19) entschieden, dass das Kündigungsverbot gegenüber einer schwangeren Arbeitnehmerin gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG auch für eine Kündigung vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme gilt.

Im hier entschiedenen Fall schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, der Beginn der Tätigkeit sollte aber erst einige Monate später erfolgen. Die Arbeitnehmerin teilte dem Arbeitgeber dann noch vor dem Tätigkeitsbeginn mit, dass bei ihr eine Schwangerschaft festgestellt und aufgrund einer chronischen Vorerkrankung „mit sofortiger Wirkung ein komplettes Beschäftigungsverbot“ attestiert worden sei. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis.

Das BAG urteilte, dass auch in diesem Fall der Kündigungsschutz gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG greift.

22.05.2020 MdC

Zur Statusfeststellung

Das LSG Berlin-Brandenburg hat sich in einer Entscheidung v. 11.03.2020  (L 9 KR 302/16) mit dem sozialversicherungsrechtlichen Status einer Krankenpflegerin beschäftigt, die als "Honorarkraft" für eine Krankenhausgesellschaft tätig war. Das LSG bejahte hier die Sozialversicherungspflicht. Für das gefundene Ergebnis lohnt ein Blick in die Urteilsgründe. Hervorzuheben ist aber eine Passage aus der Begründung, die hier eine Zitation wert ist:

"Ein etwaiger Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ändert nichts an dem gefundenen Ergebnis. Für Unternehmer bestehende Schwierigkeiten, qualifizierte Beschäftigte zu gewinnen, und Erfordernisse einer Kostenoptimierung sind für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung einer Tätigkeit nicht relevant. Dies gilt selbst für etwaige Versorgungsprobleme im Gesundheitswesen. Finden Einrichtungen der Daseinsvorsorge wie Krankenhäuser nicht genügend Personal, das bereit ist, ein Arbeitsverhältnis mit dem Krankenhaus einzugehen, weil die Arbeitsbedingungen als nicht attraktiv angesehen werden (Bezahlung, Arbeitszeiten, Schicht- und sonstige Dienste), können Krankenhäuser und Pflegefachkräfte die insoweit bestehenden Probleme nicht dadurch lösen, dass sie einen Honorarvertrag vereinbaren. Zwingende Regelungen des Sozialversicherungsrechts können nicht dadurch außer Kraft gesetzt werden, dass Arbeitsverhältnisse als Honorartätigkeit bezeichnet werden."

Lesenswert in dem Zusammenhang ist im Übrigen die Entscheidung des BSG v. 07.06.2019 (B 12 R 7/18 R)07.06.2019 (B 12 R 7/18 R), auf die in der Begründung Bezug genommen wird.

MdC 22.05.2020

 

Vergütung von Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst

Das LAG Köln (Urteil v. 04.03.2020, 3 Sa 218/19) hat in einer sehr lesenswerten Entscheidung zur Vergütung von Ruf- bzw. Bereitschaftszeiten (hier im Geltungsbereich des TV-L) Stellung genommen. Der im hier entschiedenen Fall vorliegende Dienst war offiziell als Rufbereitschaft bezeichnet worden, allerdings stellte sich im Verfahren heraus, dass auf Grund einer sehr häufigen Inanspruchnahme keine Rufbereitschaft im tariflichen Sinn gegeben war. Allein aus der tarifwidrigen Anordnung der Rufbereitschaft folgt nicht deren Umdeutung in Bereitschaftsdienst im Tarifsinn.

Da im hier entschiedenen Fall sodann weder Rufbereitschaft noch Bereitschaftsdienst vorgelegen haben, hatte der Kläger einen Anspruch auf die "übliche Vergütung", was sich aus § 612 (2) BGB ergibt. Für die "Rufbereitschaften" wurde dem Kläger sodann seine normale Stundenvergütung zugesprochen.

Wie in allen anderen Fällen auch wird an diesem Beipiel wieder deutlich, wie wichtig für die Praxis die Abgrenzung von Rufbereitschaften, Bereitschaftsdiensten und "Normalarbeit" ist - und zudem braucht es klare tarif- bzw. arbeitsvertragliche Regelungen, wenn man keine bösen Überraschungen erleben will.

 

22.05.2020 MdC

Zur Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen

Das LAG Düsseldorf hat sich in seinem Urteil vom 02.02.2020 – 10 Sa 180/19 mit der Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen auseinandergesetzt.

Die Frage, ob Urlaubsansprüche der Verjährung unterliegen, ist schon länger umstritten. Insbesondere durch die Rechtsprechung des EuGH, über die wir ausführlich berichtet haben, hat sich das Urlaubsrecht stark gewandelt. Das LAG hat sich hier der Auffassung angeschlossen, dass die Ansprüche nicht verjähren.

Ein Verfall ist aber weiterhin möglich - sofern der Arbeitgeber seinen entsprechenden Hinweispflichten nachgekommen ist und dem Arbeitnehmer auch die Möglichkeit gegeben hat, den Urlaub überhaupt zu nehmen. Zu den Einzelheiten wird auf die hier bereits besprochenen Urteile hingewiesen.

 

22.05.2020 MdC

 

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