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BAG zum Bereitschaftsdienst im öffentlichen Dienst

In einer interessanten Entscheidung hat sich das BAG (17.1.2019, 6 AZR 17/18) mit den Bereitschaftsdiensten im öffentlichen Dienst befasst.

Bereitschaftsdienst setzt nach § 7 Abs. 3 TVöD-B voraus, dass sich der betroffene Beschäftigte auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhält, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Das BAG stellt dazu fest, dass die Tarifvertragsparteien durch diese Formulierung deutlich gemacht haben, dass Bereitschaftsdienste nur zusätzlich zur normalen Arbeitszeit angeordnet werden können.

Im hier entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber die Bereitschaftszeiten mit 25% der Normalarbeitszeit faktorisiert und auf die Normalarbeitszeit angerechnet. Dies ist aber nach Entscheidung des BAG nur im Falle einer Betriebsvereinbarung möglich:

"Die Abgeltung von Bereitschaftsdienstentgelt durch Freizeit setzt nach § 8.1 Abs. 6 iVm. § 10 Abs. 3 Satz 2 TVöD-B den Abschluss einer entsprechenden Betriebs- oder Dienstvereinbarung voraus. Liegt eine solche betriebliche Regelung vor, führt dies zu einer Verminderung der Sollarbeitszeit, denn Freizeitausgleich bedeutet, bezahlte Freizeit zu erhalten, statt Arbeitszeit ableisten zu müssen (...). Im Ergebnis wird die Belastung des Bereitschaftsdienstes bei unveränderter Vergütung durch Freizeit kompensiert. Diesen Ausgleich kann der Arbeitgeber nicht einseitig, sondern nur auf Grundlage einer Vereinbarung mit dem Betriebs- oder Personalrat anordnen. Es ist mit § 8.1 Abs. 6 iVm. § 10 Abs. 3 Satz 2 TVöD-B nicht vereinbar, wenn der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts entscheiden könnte, ob geleistete Bereitschaftsdienste durch Freizeit ausgeglichen werden".

 In Arbeitsfeldern mit hohem Bereitschaftsdienstanteil dürften Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen daher zukünftig häufiger geschlossen werden, da die Anrechnung derart faktoriserter Zeiten sowohl im Arbeitsgeber- als auch Arbeitnehmerinteresse liegen dürfte und zudem eher zu Vollzeitbeschäftigung führt.

29.03.2019

MdC

Weitere Initiative zur Flexibilisierung der Arbeitszeit scheitert im Bundesrat

Mit einer Bundesratsinitiative wollte die Landesregierung aus NRW die Bundesregierung auffordern, das Arbeitszeitgesetz an die EU-Arbeitszeitrichtlinie anzupassen, Der entsprechende Entschließungsantrag hat bei der Abstimmung am 15.3.2019 im Plenum des Bundesrates nicht die erforderliche absolute Mehrheit bekommen.

Die sehr lesenswerten Beweggründe finden sich in der BR-Drucks. 24/19. Wir möchten hier insbesondere den 5. Punkt noch einmal herausheben:

"Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass es nur durch echte sozialpartner-schaftliche Vereinbarungen gelingen wird, regional- und branchenspezifischpassgenaue Regelungen zu treffen, die den Interessen beider Seiten gerecht werden und dem Schutz der Sicherheit und der Gesundheit hinreichend Rechnung tragen. Daher soll der erweiterte Gestaltungsspielraum nur tarifgebundenen Arbeitgebern vorbehalten sein. Dieser Tarifvorbehalt schafft einen positiven Anreiz zu einer höheren Tarifbindung und gewährleistet, dass nur unabhängige und durchsetzungsstarke, also nach den Kriterien des Bundesarbeitsgerichts tariffähige Gewerkschaften Abweichungen von den gesetzlichen Arbeitnehmerschutzrechten vorsehen können."

Aus unserer Sicht war dies bereits seit längerer Zeit absehbar und bestärkt noch einmal, dass eine vernünftige Gestaltung von Arbeitszeiten im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe nur über tarifvertragliche Regelungen gelingen kann.

22.03.2019 MdC

BAG zum Urlaubsrecht

aktualisiert am 22.03.2019

Das BAG hat insbesondere in den letzten Monaten einige wichtige Fragen des Urlaubsrechts zu beantworten gehabt:

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So ging es im Urteil vom 18.09.2018 unter 9 AZR 162/18 gleich um mehrere Fragen. Zusammenfassend stellte das BAG hier fest, dass

  • eine Arbeitgeberin auch ungeachtet eines anhängigen Kündigungsschutzverfahrens zur Urlaubsgewährung verpflichtet ist. Die Ungewissheit der Parteien über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses stünde dem nicht entgegen,
  • bei einer Regelung, die zu Lasten des Arbeitnehmers vom gesetzlichen Fristenregime beim Urlaub abweicht (z.B. in einer Ausschlussklausel) , der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub klar und deutlich ausgenommen werden muss - ansonsten wird ggf. die gesamte Ausschlussklausel unwirksam,
  • mehrstufige Ausschlussklauseln so transparent gestaltet werden müssen, dass der Arbeitnehmer sie auch verstehen kann (im entsiedenen Fall stellte die Klausel sowohl auf Zeitpunkte der Fälligkeit als auch der Anspruchsentstehung ab),
  • auch der  als Schadensersatz an die Stelle des erloschenen Urlaubsanspruchs tretende Ersatzurlaub  keinen Ausschlussfristen unterliegt (wie auch der Urlaubsanspruch).

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Mit Urteil vom 19. Februar 2019 - 9 AZR 541/15 - hat das BAG nun die Auffassung des EuGH zum Verfall von Urlaubsansprüchen übernommen. In der Pressemitteilung zu dem noch nicht veröffentlichten Urteil heisst es:

Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub erlischt in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Arbeitgeber sind daher gut beraten, die Urlaubsansprüche ihrer Mitarbeiter im Blick zu behalten. Es ist sodann frühzeitig darauf hinzuweisen, dass der Urlaub auch genommen wird. Nur wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch darüber belehrt, dass dessen Urlaub sonst verfällt, kann es tatsächlich noch zu einem Verfall von Urlaubsansprüchen kommen.

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 Am 19.03.2019 hat das BAG unter 9 AZR 315/17 entschieden, dass für die Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs Zeiten eines unbezahlten Sonderurlaubs unberücksichtigt bleiben. Im hier entschiedenen Fall hatte ein Arbeinehmer über ein Jahr unbezahlten Sonderurlaub und verlangt für diese Zeit den gesetzlichen Mindesturlaub. Das BAG hat dies folgerichtig abgelehnt, da einem Arbeitnehmer für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub befindet, mangels einer Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zustehe. Das BAG hält damit nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung fest!

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Am 19.03.2019 hat das BAG  sodann ebenfalls zur Frage der Kürzung des Urlaubs während der Elternzeit zu entscheiden gehabt. Die  Kürzung des Urlaubs gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG steht nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts im Einklang mit dem Unionsrecht. Wir beobachten immer wieder, dass viele Arbeitgeber diese Möglichkeit gar nicht kennen. Für unsere Mitglieder stellen wir dazu Musterschreiben zur Verfügung.

 

 MdC

 

 

Nachtbereitschaftsdienst oder Nachtbereitschaftszeit ?

Das LAG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 21.01.2019 – 1 Sa 9/18 – entschieden, dass ein Erzieher, der in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe zur Nachtbereitschaft eingeteilt ist,  hierbei Bereitschaftsdienst im Sinne des § 4 Abs. 3 Anlage 33 der AVR des Deutschen Caritasverbandes leistet. Es handelt sich bei der Nachtbereitschaft nicht um Bereitschaftszeiten nach § 8 Abs. 1 Anlage 33 der AVR.

Da bislang keine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Nachtbereitschaft von Erziehern in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe vorliegt, hat die Kammer die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Wir werden hier weiter berichten, sobald das Verfahren in die nächste Runde geht.

Zu beachten ist, dass die AVR des Caritasverbandes zwischen Nachtdienst und Bereitschaftszeiten unterscheiden. Ob mit den Bereitschaftsdiensten zu der "traditionellen" Einteilung Vollarbeit - Arbeitsbereitschaft - Bereitschaftszeit bald noch eine weitere Kategorie hinzukommt bleibt abzuwarten.

MdC

Anm. vom 11.04.2019: Mittlerweile liegt die Entscheidung im Volltext vor.

 

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz

Der (arbeitsrechtliche) Gleichbehandlungsgrundsatz ist gewohnheitsrechtlich als Grundprinzip des deutschen Arbeitsrechts anerkannt und ist eine eigene Anspruchsgrundlage. Der Gleichbehandlungsgrundsatz bedeutet, dass Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln ist. Daraus ergibt sich, dass keine (willkürliche)  Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer erfolgen darf.

Bei einer "fremden" Verpflichtung, die sich auch aus einem Tarifvertrag ergeben kann, handelt der Arbeitgeber aber nicht willkürlich, daher findet der Grundsatz bei tariflichen Regelungen keine Anwendung.

BAG v. 18.10.2018 - 6 AZR 300/17

Kontakt

Arbeitgeberverband privater Träger
der K
inder- und Jugendhilfe e.V.

Nikolaiwall 3

27283 Verden

Tel 04231 - 95 18 412

Mail: info@ag-vpk.de

Internet: www.ag-vpk.de

 

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