Wenn man kündigt, dann muss der Zugang der Kündigungserklärung nachgewiesen werden können. Eine weitgehend sichere Variante ist dazu der Einwurf der Kündigungserklärung in den Hausbriefkasten. Dass selbst das manchmal tückisch werden kann, geht aus einem aktuellen Urteil des BAG hervor. Der Arbeitgeber warf die Kündigung im hier entschiedenen Fall um 13:25 Uhr in den Briefkasten des Arbeitnehmers ein. Das BAG stellte dazu fest, dass damit noch nicht zwingend auch der Zugang am selben Tag erfolgt sei und verwies an die Vorinstanz zurück:
Rechtsprechung
Eine gesetzliche Regelung die viele nicht kennen ist § 5 (1) c BUrlG: Sofern ein Arbeitnehmer nach Erfüllung der Wartezeit (Anm.: § 4 BUrlG) in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres ausscheidet, hat er nur noch Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Im Umkehrschluss bedeutet diese Regelung aber, dass ein Arbeitnehmer den vollen Urlaubsanspruch hat, wenn er erst in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres ausscheidet.
Für den gesetzlichen Mindesturlaub können hier auch keine abweichenden Regelungen getroffen werden. Was jedoch geht, ist eine Regelung über den Urlaubsanspruch, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgeht. Hier kann durchaus vereinbart werden, dass dieser Mehrurlaub bspw. anteilig für jeden vollen Beschäftigungsmonat gewährt wird. Trifft man eine solche Regelung nicht, dann gilt für den Mehrurlaub das, was auch für den gesetzlichen Mindesturlaub gilt. Zum Weiterlesen kann man sich die aktuelle Entscheidung des BAG herunterladen.
24.10.2019
MdC
Anm.: Der Tarifvertrag des AG-VPK enthält dafür gesonderte Regelungen
Das LSG Hessen hat in einer neuen Entscheidung u.a. noch einmal die Bedeutung der Tarifbindung herausgestellt:
"Zahlt eine Einrichtung Gehälter nach Tarifvertrag oder sonstige ortsübliche Arbeitsvergütungen, kann ihr regelmäßig nicht entgegengehalten werden, dass andere Träger geringere Entgelte zahlen und deshalb ihr Aufwand einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht entspreche; die Einhaltung der Tarifbindung und die Zahlung ortsüblicher Gehälter sind danach grundsätzlich als wirtschaftlich angemessen zu werten und genügen insoweit den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung. Darin liegt mithin ein nachvollziehbarer (plausibler) Aufwand der Einrichtung, unabhängig davon, ob andere Einrichtungen eine günstigere Kostenstruktur aufweisen (BSG, Urteil vom 7. Oktober 2015 – B 8 SO 21/14 R –, SozR 4-3500 § 75 Nr. 9, Rn. 19). Zudem kann sogar eine sachlich begründete, angemessen-übertarifliche Vergütung dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügen (BSG, Urteil vom 16. Mai 2013 – B 3 P 2/12 R –, SozR 4-3300 § 85 Nr. 4, Rn. 21f.)."
Die Entscheidung betrifft zwar den SGB XII-Bereich, ist aber u.E. direkt auf die Jugendhilfe übertragbar.
Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.
So steht es in § 3 EntgFG. Im hier vom LAG Schleswig-Holstein entschiedenen Fall stürzte der Arbeitnehmer mit dem Fahrrad und wurde dadurch mehrere Wochen arbeitsunfähig. Nun waren dem Arbeitgeber hier die Umstände des Sturzes bekannt: Trotz eines ausdrücklichen Verkehrszeichens mit dem Zusatz der (ausgeschilderte) Fußweg sei für Radfahrer nicht geeignet, ist der Mitrabeiter dann auf einer sich an den Weg hinter einer Kurve anschließenden Treppe zu Fall gekommen.
Das Gericht entschied hier, dass ein Verschulden des Arbeitnehmers vorgelegen hatte und daher stand ihm kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu.
MdC 5.10.2019
Eine in den Briefkasten eingeworfene Kündigung geht dem Empfänger auch dann zu, wenn er sich krankheitsbedingt an einem anderen Ort aufhält - selbst wenn der Arbeitgeber von der Abwesenheit wusste.
Mit diesem Beschluss hat das LAG Schleswig-Holstein keine neue Entscheidung zum Kündigungsrecht getroffen. Allein der Zugang der Kündigung war hier noch einmal von Bedeutung, da der Arbeitgeber wusste, dass sich der Mitarbeiter bei seiner Schwester aufhielt.
Der Zugang einer Kündigung tritt grundsätzlich auch ein, wenn der Arbeitgeber von der Abwesenheit des Arbeitnehmers weiß (BAG vom 24.06.2004 -2 AZR 461/03). Nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann sich im Einzelfall nach nach Treu und Glauben etwas Anderes ergeben. Solche besonderen Umstände sah das Gericht hier nicht.
MdC 05.10.2019
Die ausgleichsfreie Verlängerung der täglichen Arbeitszeit auf über 8 Stunden bzw. auf mehr als 48 Stunden in der Woche ist nur unter strengen Voraussetzungen möglich, insbesondere auf Grundlage eines entsprechenden Tarifvertrages. Daneben bedarf es einer Erklärung des Arbeitnehmers (sog. "Opt-Out-Erklärung"; Anm.: eine solche Erklärung gehört im Übrigen auch zu den Musterarbeitsverträgen, die unsere Mitglieder erhalten können).
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich nun jüngst mit der unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit von Feuerwehrbeamten auseinandersetzen müssen. Das Urteil ist auf Grund einer anderen Rechtsgrundlage hier nicht von Bedeutung im tarifrechtlichen Sinn, aber von Interesse sind die Ausführungen des Gerichts zum Verhalten des Arbeitgebers im Vorfeld der eingeführten Opt-Out-Regelung.
Der klagende Arbeitnehmer hatte in diesem Fall den Vorwurf erhoben, unter Druck gesetzt worden zu sein. Dies sah das BVerwG anders:
"Der Umstand, dass die Opt-Out-Regelung im Vergleich zu anderen Modellen (vom Arbeitgeber, Anm. ds. Verf.) als besonders vorteilhaft dargestellt worden sei, lasse die Freiwilligkeit der Einwilligung nicht entfallen. Soweit in den Informationsveranstaltungen darauf hingewiesen worden sei, dass außerhalb der Opt-Out-Regelung keine 24-Stunden-Schicht möglich sei, Dienstleistungen ggf. von Fremdfirmen in Anspruch genommen werden müssten, Nebentätigkeiten nicht mehr im bisherigen Umfang genehmigt werden könnten, laufbahnrechtliche Auswirkungen und finanzielle Einbußen nicht ausgeschlossen werden könnten und eine Wirtschaftlichkeitsprüfung vorzunehmen sei, liege darin keine "Drohung mit erheblichen dienstlichen Nachteilen". Das Informieren über unvermeidliche Auswirkungen des Wechsels in die 48-Stunden-Woche sei ebenso zulässig wie das Betonen der Vorteile des 56-Stunden-Modells. Aus der Inaussichtstellung von dann notwendigen organisatorischen Änderungen könne nicht auf ausgeübten Zwang geschlossen werden."
Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen.
MdC 15.09.2019
Kurzinfo
Nach § 81 Abs. 4 Satz 1 SGB IX (in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung) kann der Arbeitgeber gemäß einer aktuellen Entscheidung des BAG verpflichtet sein, an einer stufenweisen Wiedereingliederung eines/einer schwerbehinderten Beschäftigten in das Erwerbsleben dergestalt mitzuwirken, dass er diese(n) entsprechend den Vorgaben eines Wiedereingliederungsplans beschäftigt.
09.09.2019 MdC