Mit der Frage, wie man Rufbereitschaft von Bereitschaftsdienst abgrenzt, hat in den letzten Jahren nicht nur den EuGH beschäftigt, sondern jüngst auch wieder die deutschen Gerichte.
Das BAG hatte in einem Verfahren (Urt. 25.3.2021, 6 AZR 264/20) darüber zu entscheiden, ob ärztlicher HIntergrunddienst Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst ist. Im hier entschiedenen Fall ging es um eine tarifvertragliche Regelung im TV-Ärzte / TdL. Nach Auffassung des BAG ist hier das einzige tarifliche und entscheidende Unterscheidungskriterium von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft, ob der Arbeitgeber nach Maßgabe der von ihm getroffenen Anordnungen den Aufenthaltsort des Arbeitnehmers bestimmt oder ob der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort im Rahmen der durch den Zweck der Rufbereitschaft vorgegebenen Grenzen frei wählen kann. Im ersten Fall handelt es sich um Bereitschaftsdienst, im zweiten Fall um Rufbereitschaft.
Das entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung, die Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst unterscheiden sich demnach dadurch, dass der Arbeitgeber beim Bereitschaftsdienst den Aufenthaltsort des Arbeitnehmers bestimmt, wohingegen dieser vom Arbeitnehmer bei der Rufbereitschaft grundsätzlich selbst gewählt werden kann.
Das BAG führte zum Aufenthaltsort weiter aus: "Allerdings ist der Arbeitnehmer auch während der Rufbereitschaft in der Wahl seines Aufenthaltsortes nicht völlig frei. Der Zweck der Rufbereitschaft besteht gerade darin, dass der Arbeitnehmer in der Lage sein muss, die Arbeit innerhalb einer angemessenen Zeitspanne auf Abruf aufnehmen zu können (...). Kennzeichnend für Rufbereitschaft ist daher, dass zwischen dem Abruf und der Arbeitsaufnahme nur eine solche Zeitspanne liegen darf, deren Dauer den Einsatz nicht gefährdet und die Arbeitsaufnahme im Bedarfsfall gewährleistet. Der Arbeitnehmer darf sich nicht in einer Entfernung vom Arbeitsort aufhalten, die dem Zweck der Rufbereitschaft zuwiderläuft (...).
Aufenthaltsbeschränkungen... können allerdings auch konkludent erfolgen. Das ist beispielsweise anzunehmen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dadurch in der freien Wahl des Aufenthaltsortes beschränkt, dass er die Zeit zwischen Abruf und Arbeitsaufnahme genau vorgibt und die Zeitspanne dabei so kurz bemisst, dass sie einer Aufenthaltsbeschränkung gleichkommt (...). In einem solchen Fall ersetzt der Arbeitgeber die örtlichen Beschränkungen lediglich durch den Faktor Zeit (...) und ordnet dadurch konkludent Bereitschaftsdienst an."
Hervorzuheben ist bei der Entscheidung noch, dass das BAG zu häufige Einsätze in der Rufbereitschaft nicht als Bereitschaftsdienst angesehen hat.
Das LAG Thüringen hat sich mit einer ähnlichen Fragestellung beschäftigt, über die wir in den nächsten Tagen berichten.