Rechtsprechung

Zur Statusfeststellung

Das LSG Berlin-Brandenburg hat sich in einer Entscheidung v. 11.03.2020  (L 9 KR 302/16) mit dem sozialversicherungsrechtlichen Status einer Krankenpflegerin beschäftigt, die als "Honorarkraft" für eine Krankenhausgesellschaft tätig war. Das LSG bejahte hier die Sozialversicherungspflicht. Für das gefundene Ergebnis lohnt ein Blick in die Urteilsgründe. Hervorzuheben ist aber eine Passage aus der Begründung, die hier eine Zitation wert ist:

"Ein etwaiger Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ändert nichts an dem gefundenen Ergebnis. Für Unternehmer bestehende Schwierigkeiten, qualifizierte Beschäftigte zu gewinnen, und Erfordernisse einer Kostenoptimierung sind für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung einer Tätigkeit nicht relevant. Dies gilt selbst für etwaige Versorgungsprobleme im Gesundheitswesen. Finden Einrichtungen der Daseinsvorsorge wie Krankenhäuser nicht genügend Personal, das bereit ist, ein Arbeitsverhältnis mit dem Krankenhaus einzugehen, weil die Arbeitsbedingungen als nicht attraktiv angesehen werden (Bezahlung, Arbeitszeiten, Schicht- und sonstige Dienste), können Krankenhäuser und Pflegefachkräfte die insoweit bestehenden Probleme nicht dadurch lösen, dass sie einen Honorarvertrag vereinbaren. Zwingende Regelungen des Sozialversicherungsrechts können nicht dadurch außer Kraft gesetzt werden, dass Arbeitsverhältnisse als Honorartätigkeit bezeichnet werden."

Lesenswert in dem Zusammenhang ist im Übrigen die Entscheidung des BSG v. 07.06.2019 (B 12 R 7/18 R)07.06.2019 (B 12 R 7/18 R), auf die in der Begründung Bezug genommen wird.

MdC 22.05.2020

 

Vergütung von Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst

Das LAG Köln (Urteil v. 04.03.2020, 3 Sa 218/19) hat in einer sehr lesenswerten Entscheidung zur Vergütung von Ruf- bzw. Bereitschaftszeiten (hier im Geltungsbereich des TV-L) Stellung genommen. Der im hier entschiedenen Fall vorliegende Dienst war offiziell als Rufbereitschaft bezeichnet worden, allerdings stellte sich im Verfahren heraus, dass auf Grund einer sehr häufigen Inanspruchnahme keine Rufbereitschaft im tariflichen Sinn gegeben war. Allein aus der tarifwidrigen Anordnung der Rufbereitschaft folgt nicht deren Umdeutung in Bereitschaftsdienst im Tarifsinn.

Da im hier entschiedenen Fall sodann weder Rufbereitschaft noch Bereitschaftsdienst vorgelegen haben, hatte der Kläger einen Anspruch auf die "übliche Vergütung", was sich aus § 612 (2) BGB ergibt. Für die "Rufbereitschaften" wurde dem Kläger sodann seine normale Stundenvergütung zugesprochen.

Wie in allen anderen Fällen auch wird an diesem Beipiel wieder deutlich, wie wichtig für die Praxis die Abgrenzung von Rufbereitschaften, Bereitschaftsdiensten und "Normalarbeit" ist - und zudem braucht es klare tarif- bzw. arbeitsvertragliche Regelungen, wenn man keine bösen Überraschungen erleben will.

 

22.05.2020 MdC

Zur Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen

Das LAG Düsseldorf hat sich in seinem Urteil vom 02.02.2020 – 10 Sa 180/19 mit der Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen auseinandergesetzt.

Die Frage, ob Urlaubsansprüche der Verjährung unterliegen, ist schon länger umstritten. Insbesondere durch die Rechtsprechung des EuGH, über die wir ausführlich berichtet haben, hat sich das Urlaubsrecht stark gewandelt. Das LAG hat sich hier der Auffassung angeschlossen, dass die Ansprüche nicht verjähren.

Ein Verfall ist aber weiterhin möglich - sofern der Arbeitgeber seinen entsprechenden Hinweispflichten nachgekommen ist und dem Arbeitnehmer auch die Möglichkeit gegeben hat, den Urlaub überhaupt zu nehmen. Zu den Einzelheiten wird auf die hier bereits besprochenen Urteile hingewiesen.

 

22.05.2020 MdC

 

Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst

In gleich mehreren Verfahren hat das OVG Niedersachsen (z.B. Urteil v. 11.03.2020 - 5 LB 49/1811.03.2020 - 5 LB 49/18) mit der Differenzierung zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst auseinandergesetzt.

Zurückkommend auf eine Entscheidung des EuGH ("Matzak", EuGH, 21.02.2018, C-518/15) wird zutreffend ausgeführt, dass eine Rufbereitschaft nicht mehr vorliegt, wenn der Mitarbeiter in sehr kurzer Zeit am Einsatzort sein muss. Eine solche Einschränkung ist mit einer Rufbereitschaft nicht mehr zu vereinbaren und es liegt Bereitschaftszeit vor, die auch vergütungsrechtlich anders berücksichtigt wird. Arbeitsschutzrechtlich ist Bereitschaftszeit zudem, anders als Rufbereitschaft, Arbeitszeit.

22.05.2020 MdC

EuGH zum Arbeitsschutz

Der EuGH hat sich in einem Vorentscheidungsverfahren (EuGH v. 30.04.2020 - C-211/19) mit dem Verhältnis der Arbeitszeitrichtlinie und der Arbeitsschutzrahmenrichtlinie beschäftigt.

Was auf den ersten Blick für die Kinder- und Jugendhilfe nicht relevant klingt, hat dennoch größere Bedeutung. Insbesondere bei den familienähnlichen Wohnformen ist der Geltungsbereich der Arbeitszeitrichtlinie nicht geklärt und es stellt sich dann die Frage, welche Auswirkungen in diesem Fall die Arbeitsschutzrahmenrichtlinie auf die Arbeitszeitgestaltung hat.

Im hier entschiedenen Fall ging es zwar nicht um die Jugendhilfe, aber deutlich wurde, dass der Geltungsbereich der Arbeitsschutzrichtlinie sehr umfassend ist. Auf die Einzelheiten soll hier allerdings nicht näher eingegangen werden, da das Thema Gesundheitsschutz in den familienähnlichen Wohnformen einer gesonderten Betrachtung bedarf.

 22.05.2020

   

Unzulässige Teilkündigung

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat mit Urteil vom 25.02.2020 – 5 Sa 132/19 Ausführungen zu sog. Teilkündigungen gemacht.

Teilkündigungen, mit denen der Kündigende einzelne Vertragsbedingungen gegen den Willen der anderen Vertragspartei einseitig ändern will, sind grundsätzlich unzulässig. Sie stellen einen unzulässigen Eingriff in das ausgehandelte Äquivalenz- und Ordnungsgefüge des Vertrags dar. Im hier entschiedenen Fall wollte der Arbeitgeber wegen (angeblicher) Schlechtleistung das Gehalt des Arbeitnehmers mit einer als Änderungskündigung überschriebenen Erklärung reduzieren.

22.05.20 MdC

Befristete Arbeitsverträge und die Vorbeschäftigung

Das LAG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 11.03.2020 – 4 Sa 44/19 entschieden, dass eine Vertragsklausel in einer AGB, mit welcher der Arbeitnehmer bestätigen soll, nicht bereits zuvor in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber gestanden zu haben, als Tatsachenbestätigung, die geeignet ist, die Beweislast zulasten des anderen Vertragsteils und zugunsten des Verwenders zu verändern, unwirksam ist.

Das ist ärgerlich, da nach der Rechtsprechung des BAG eine frühere Beschäftigung beim Arbeitgeber dazu führen kann, dass keine Befristung mehr in einem neuen Arbeitsverhältnis erfolgen kann. Liegt die Vorbeschäftigung schon länger zurück, hat der Arbeitgeber aber möglicherweise keine Kenntnis mehr von einer solchen Vorbeschäftigung.

Hier empfiehlt sich daher, die Frage nach einer Vorbeschäftigung schon im Einstellungsgespräch zu stellen und zu dokumentieren, bzw. noch besser in einem schriftlichen Einstellungsfragebogen.

22.05.20 MdC

Kontakt

Arbeitgeberverband privater Träger
der K
inder- und Jugendhilfe e.V.

Nikolaiwall 3

27283 Verden

Tel 04231 - 95 18 412

Mail: info@ag-vpk.de

Internet: www.ag-vpk.de

 

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