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Das LAG Rheinland-Pfalz hat sich mit der Kürzung des Urlaubsanspruchs während der Elternzeit beschäftigt (LAG Rheinland-Pfalz, 17.02.2021 - 7 Sa 245/20). Auszugsweise heißt es dort
"Möchte der Arbeitgeber den Anspruch auf Erholungsurlaub in der Elternzeit kürzen, muss er sein Kürzungsrecht ausüben. Dazu ist eine hierauf gerichtete rechtsgeschäftliche Erklärung erforderlich, die dem Arbeitnehmer zugehen muss. Die Kürzung muss nicht mit den Worten des BEEG erklärt werden. Die Kürzungserklärung kann ausdrücklich oder stillschweigend abgegeben werden. Dazu ist es ausreichend, dass dem Arbeitnehmer - abweichend von seinem Urlaubsverlangen - nur der gekürzte Urlaub gewährt wird oder für ihn erkennbar ist, dass der Arbeitgeber sein Kürzungsrecht ausüben will (...). Die Regelung in § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub bei Zugang der Kürzungserklärung noch besteht. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat. Das Gesetz unterstellt allein den "Erholungsurlaub" der Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers, nicht dagegen den Abgeltungsanspruch (...)."
Für Arbeitgeber bedeutet das in der Praxis, mit der Kürzung des Urlaubsanspruchs nicht allzu lange zu warten. Ist das Arbeitsverhältnis nämlich erst einmal beendet, scheidet die Kürzungsmöglichkeit aus und der Arbeitgeber muss den Urlaub quasi ausbezahlen.
Rechtsprechung
In einem gerade veröffentlichten Urteil des BAG (Urt. v. 26.11.2020, 8 AZR 58/20) ging es um die Wirksamkeit einer Ausschlussklausel. Im hier entschiedenen Fall hatte (vereinfacht gesagt) eine Arbeitnehmerin den Arbeitgeber vorsätzlich durch Falschüberweisungen bzw. gefakte Rechnungen geschädigt . Im Arbeitsvertrag fand sich folgende Klausel: "Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind binnen einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Fall der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Ausschlussfrist von einem Monat einzuklagen". Selbstverständlich kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis, wollte dann aber natürlich auch sein Geld wiederhaben. Die Arbeitnehmerin berief sich dagegen auf die eben genannte Verfallklausel.
Das BAG urteilte dazu wie folgt (Leitsatz):
"Eine Ausschlussklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder vorformulierten Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, nach der ausnahmslos alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, verfallen, wenn sie nicht binnen bestimmter Fristen geltend gemacht und eingeklagt werden, erfasst grundsätzlich alle wechselseitigen gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche, die die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben und damit auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher Vertragsverletzung und aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung."
Wer nun zunächst einen kleinen Schreck bekommen hat, wird seinen Puls beim Lesen des zweiten Leitsatzes wieder beruhigen können:
"Eine solche Verfallklausel ist wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nach § 134 BGB nichtig."
Vereinfacht man das Ganze zu einem Satz, könnte der lauten:
"Umfassende Ausschlussklauseln umfassen alle Ansprüche, sind aber genau deshalb auch unwirksam"
Was bedeutet das für die Praxis?
Bei der Formulierung von Ausschlussklauseln solle man sich gut beraten lassen. Sofern man die verwendete Klausel auf zulässige Ausschlussgründe einschränkt, kann man einer Unwirksamkeit gut begegnen.
Tarifgebundene Mitglieder unseres Verbandes müssen hier daher gar nichts weiter tun, da unsere Tarifverträge insofern bereits entspechend gut formulierte Klauseln enthalten. Tarifungebundene Mitglieder, die "eigene" Arbeitsverträge verwenden, sollten etwaig verwendete Ausschlussklauseln überprüfen lassen.
Wenn ein Arbeitnehmer mit demselben Arbeitgeber mehrere Arbeitsverträge geschlossen hat, dann gilt nach einem aktuellen Urteil des EuGH (Urteil v. 17.03.2021, C 585/19) die tägliche Mindestruhezeit zusammengenommen für beide Verträge.
Bei mehreren Arbeitsverträgen darf die täglich erlaubte Arbeitszeit daher insgesamt nicht überschritten werden. Das Urteil des EuGH bringt für das deutsche Recht nichts Neues, da die Zusammenrechnung von Arbeitszeiten und die Berücksichtigung von Ruhezeiten bereits der BAG-Rechtsprechung entsprechen.
MdC
Auch das BAG hatte sich in einem aktuellen Verfahren mit dem Thema Rufbereitschaft zu beschäftigen. Fraglich war hier die Einordnung ärztlicher Hintergrunddienste und ihre Einordnung als Rufbereitschaft oder aber Bereitschafts- bzw. gar Arbeitszeit. Bislang liegt zu dieser Entscheidung nur die Pressemitteilung des BAG vor, in der es auszugsweise heisst:
"Ob ärztlicher Hintergrunddienst nach § 9 des Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte/TdL) zu vergütende Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst ist, hängt davon ab, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch eine Vorgabe insbesondere hinsichtlich der Zeit zwischen Abruf und Aufnahme der Arbeit zwingt, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten und damit eine faktische Aufenthaltsbeschränkung vorgibt. Das gilt auch, wenn der ärztliche Hintergrunddienst mit einer Telefonbereitschaft verbunden ist (.....)
Allerdings untersagt § 7 Abs. 6 Satz 2 TV-Ärzte/TdL dem Arbeitgeber die Anordnung von Rufbereitschaft, wenn erfahrungsgemäß nicht lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt. Das trifft vorliegend zu. Der Kläger wird in etwa der Hälfte der Hintergrunddienste zur Arbeit herangezogen und leistet zu 4 % aller Rufbereitschaftsstunden tatsächliche Arbeit. Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nur auf die Arbeitseinsätze an, die in der Klinik fortzusetzen sind, was in mehr als einem Viertel der Rufbereitschaften vorkommt. In der Gesamtschau dieser Umstände hätte sie die vom Kläger geleisteten Hintergrunddienste daher nicht anordnen dürfen. Gleichwohl führt dies nicht zu der vom Kläger begehrten höheren Vergütung. Ein bestimmter Arbeitsleistungsanteil ist nach dem Tarifvertrag weder dem Bereitschaftsdienst noch der Rufbereitschaft begriffsimmanent. Die Tarifvertragsparteien haben damit bewusst für den Fall einer tarifwidrigen Anordnung von Rufbereitschaft keinen höheren Vergütungsanspruch vorgesehen. Diesen Willen hat der Senat respektiert.
In einer aktuellen Entscheidung des Arbeitsgerichtes Dortmund ging es um die Lohnzahlung einer durch den Arbeitgeber (und nicht durch das Gesundheitsamt!) angeordneten Quarantäne.
Das ArbG Dortmund führte dazu u.a. aus:
"Beschließt (...) ein Arbeitgeber aus eigenem Antrieb, seinen Betrieb zu schließen oder einen oder mehrere Arbeitnehmer zum Schutz der sonstigen Belegschaft in „Quarantäne“ zu schicken, trägt er nach den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre das Vergütungsrisiko. Dies gilt nach den dem Rechtsgedanken des § 615 S. 3 BGB entnommenen Grundsätzen selbst dann, wenn die Störung – wie im Fall des Coronavirus SARS-CoV-2 – nicht aus einer vom Arbeitgeber beeinflussbaren Gefahrensphäre stammt (...).
Eine andere Risikoverteilung ist nur dann denkbar, wenn der Arbeitgeber mit der Anordnung der Quarantäne oder Betriebsschließung nichts zu tun hat und diese durch die zuständige Gesundheitsbehörde vorgenommen wird (für diese Fälle zum Entschädigungsanspruch des Arbeitgebers: Eufinger in DB 2020, 1121 – 1224)."
ArbG Dortmund, Urt. v. 24.11.2020, 5 Ca 2057/20
Der EuGH hat sich in seinem gestrigen Urteil (EuGH Urteil v. 09.03.21 - C‑580/19) mit der Frage beschäftigt, wie sich Rufbereitschaft und Bereitschaftszeit voneinander unterscheiden.
Nach Auffassung des EugH ist Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (…) dahin auszulegen, dass Bereitschaftszeit in Form von Rufbereitschaft, während der ein Arbeitnehmer in der Lage sein muss, innerhalb von 20 Minuten in Einsatzkleidung mit dem ihm von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Einsatzfahrzeug unter Inanspruchnahme der für dieses Fahrzeug geltenden Sonderrechte gegenüber der Straßenverkehrsordnung und Wegerechte die Stadtgrenze seiner Dienststelle zu erreichen, nur dann in vollem Umfang „Arbeitszeit“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wenn eine Gesamtbeurteilung aller Umstände des Einzelfalls, zu denen die Folgen einer solchen Zeitvorgabe und gegebenenfalls die durchschnittliche Häufigkeit von Einsätzen während der Bereitschaftszeit gehören, ergibt, dass die dem Arbeitnehmer während der Bereitschaftszeit auferlegten Einschränkungen von solcher Art sind, dass sie seine Möglichkeiten, dann die Zeit, in der seine beruflichen Leistungen nicht in Anspruch genommen werden, frei zu gestalten und sie seinen eigenen Interessen zu widmen, objektiv gesehen ganz erheblich beeinträchtigen.
Nach unserer Rechtsauffassung schließt sich das Urteil konsequent der bisherigen Rechtsprechung an und entspricht im Grunde genommen auch der bisherigen nationalen Rechtsprechung. Klar ist, dass eine Rufbereitschaft nicht so ausgestaltet werden kann, dass der/die Arbeitnehmer/-in in einer sehr kurzen Zeit am Dienstort sein muss. Eine solche Verkürzung der "Einsatzbereitschaftszeit" führt dazu, dass es sich nicht mehr um eine Rufbereitschaft, sondern um arbeitszeitrechtlich zu berücksichtigende Bereitschaftszeit handelt.
Während die reine Rufbereitschaft keine Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinn darstellt, wird Bereitschaftszeit (arbeitsschutzrechtlich) als Arbeitszeit gezählt.
Dass der EuGH bei der Frage, ob Rufbereitschaft oder Bereitschaftszeit vorliegt, auf eine "Gesamtbeurteilung aller Umstände des Einzelfalls" abstellt, ist auch nicht neu, erschwert aber die Beurteilung in der Praxis. Neben der "Einsatzbereitschaftszeit" stellt der EuGH auch auf die Häufigkeit der Inanspruchnahmen ab - eine Beurteilung, die nach einer Entscheidung des BVerwG zumindest im deutschen Recht so noch nicht Einzug gefunden hat(-te).
Konsequent und zielführend ist dagegen, auch die dem/der Arbeitnehmer/-in auferlegten Einschränkungen zu berücksichtigen. Sofern während einer "Rufbereitschaft" die Möglichkeiten zur Wahrnehmung eigener Interessen derart eingeschränkt werden, dass diese kaum noch möglich sind, liegt daher i.d.R. wohl eher ein Bereitschaftsdienst vor.
Eine konkrete Festlegung des Aufenthaltsortes hat der EuGH dagegen nur als Indiz gewertet. Dies wird sicher daran liegen, dass in einem weiteren Verfahren zur Rufbereitschaft, auf das hier aber nicht eingegangen werden soll, bereits die objektiven Möglichkeiten zur freien Aufenthaltswahl nicht gegeben waren.
10.03.2021 MdC